Leipziger Vorträge betonen Bedeutung der Gleichaltrigen für die Leseförderung
15.03.2013
Maik Philipp bei seinem Leipziger Vortrag
© schulmediothek.de / A.M.
Wenn die Eltern am Ende der Kindheit zunehmend die Vorbildrolle einbüßen, sind es oft die Gleichaltrigen, die an ihre Stelle treten und den Ton angeben. Diese allgemeine entwicklungspsychologische Erkenntnis gilt auch für die Lesekarriere junger Menschen. Beim diesjährigen Bibliothekskongress in Leipzig entfaltete der Leseforscher Maik Philipp von der Pädagogischen Hochschule in Aarau (Schweiz) diesen Gedanken systematisch, wobei er eigene und fremde Forschungsergebnisse heranzog.
Philipp wies in seinem Beitrag zu der Blockveranstaltung „Lesen – spielen – lernen“ am 12. März 2013 darauf hin, dass Lesemotivation und Leseverhalten stark davon abhängen, ob das Lesen durch Anschlusskommunikation verstärkt wird. Während das Lesen selbst ein einsamer Akt ist, bindet das Gespräch über das Gelesene die Leseerfahrung sozial ein und schafft der persönlichen Leseerfahrung einen Resonanzboden. Bei Schülern nach dem Grundschulalter sind die entscheidenden Gesprächspartner dieser Anschlusskommunikation die „Peers“, die anderen Schüler. Je mehr Anschlusskommunikation zu Gelesenem mit Gleichaltrigen stattfindet, desto mehr werden Lesemotivation und Leseverhalten gestärkt – und indirekt trägt das auch zu einer höheren Lesekompetenz im Sinne von verbessertem Textverstehen bei. Lesemoden wie bei den Harry-Potter-Bänden und der Biss-Reihe veranschaulichen das Phänomen.
Mehrere in Leipzig am selben Tag vorgestellte Leseförderprojekte basieren auf derselben Erkenntnis. Die Stadtbücherei Frankfurt führt regelmäßig zwei Aktionen durch, bei denen die Leseinteressen der Schüler für Neuanschaffungen für die Schulbibliothek maßgebend sind: „Liest du schon – oder suchst du noch aus“ und „Wünsch dir was“. Vor allem bei dem ersten Projekt ist das Reden über die Buchauswahl eine Form von vorweggenommener Anschlusskommunikation.
Bei dem Projekt „Lesescouts“ der Stiftung Lesen planen und veranstalten die Schüler der Lesescout-AG in ihrer Schule und mitunter auch außerhalb Leseförder-Aktivitäten für ihre Mitschüler. Sie setzen sich so selbst mit Literatur und Lesen auseinander und vervielfältigen den Austausch durch Vorlese- und Mitmachaktionen für Gleichaltrige. Die Brücke zur Schulbibliothek und/oder zur Stadtbücherei wird vielerorts dadurch geschlagen, dass die Schüler sich in der Bibliothek treffen oder dort Aktionen durchführen. Die Bibliothek ist schließlich der ideale Ort für die leseförderliche Anschlusskommunikation.